Samstag vormittags sitze ich im Dickicht meiner Bügelberge, die die ganze Woche liegen blieben, als es an der Türe läutet. Da meine Töchter, wie immer, nicht darauf reagieren, sie haben ja eine Bedienstete, stolpere ich über das Kinderspielzeug, das im ganzen Wohnzimmer verteilt liegt, zur Türe. Herr Biegert, mein lieber Nachbar, begrüßt mich freundlich und bestimmt mit den Worten: „Sie schreiben mir jetzt etwas darüber, wie Ihr Mann seinen Fulltimejob, den Sport, die Kinder, das Haus, den Garten und Sie ( wohlgemerkt in dieser Reihenfolge ) unter einen Hut bringt.“
Ja, und da bin sogar ich sprachlos – aber nur kurz. Meinen verdatterten Blick kommentiert Herr Biegert mit den Worten:“Dann schreiben sie halt, wie es wirklich ist!“
Zurück hinter dem Bügeleisen beginne ich zu sinnieren, wie es denn wirklich ist und wie der Wahnsinn „Triathlon“ begann. Ich erlaube mir an dieser Stelle, meinen Lieblings- Kabarettisten Niavarani zu zitieren: Ich weiß nicht, was die Männer haben, wenn sie 40 werden, da beginnen sie zu rennen, Rad zu fahren und zu schwimmen. Glauben die ernsthaft, sie können dem Tod davonrennen?“ Vielleicht hätte ich diese Glaubensfrage meinem Mann stellen sollen, als er kurz nach seinem 40- iger zu laufen begann. Da dachte ich mir noch nichts, Frau will ja keinen Mann mit Jahresringen. Auch als der Mann dann das Radfahren für sich entdeckt, schöpfe ich keinen Verdacht. Radfahren ist gut für die Knie, und er soll ja noch lange vor mir knien. Und schließlich auch noch schwimmen, damit er mich auf Händen trägt- dachte ich.
Na ja, noch bevor ich wusste, wofür mein Mann trainiert, startete er schon beim Neufelder Triathlon. Als begeisterte Familie erschienen wir, bei strahlendem Sonnenschein, zum Anfeuern.
Im Herbst kam der Alltag, in den mein arbeitswütiger Mann nun auch noch Sport integrieren wollte. Als kreative Frau ließ ich nichts unversucht, um meinen Mann beim Training zu unterstützen. Staubsaugen als ideale Möglichkeit zur Rumpfstabilisation, Geschirrspüler ausräumen als Kraultraining, bügeln zur Stärkung der Oberarmmuskulatur, Rasenmähen als Ausdauertraining und ein Radausflug mit den Kindern als Radfahren mit Gewichten, Um den Zeitverlust in der Wechselzone möglichst gering zu halten, hätte ich meinen Mann sogar im hauseigenen Biotop versenkt, damit er das Ausziehen des Neoprenanzugs üben kann, . . . Also als Trainerin habe ich mir nichts vorzuwerfen, außer dass mein Mann meine Trainingsvorschläge nicht akzeptiert.
So leben wir eben als Familie mit einem anderen Lebensrhythmus. Unsere Nachbarn müssen schon glauben, mein Mann leidet unter seniler Bettflucht, wenn er schon um 6 Uhr durch die Gasse läuft oder erst um 23 Uhr vom Laufen zurückkommt. Auch das Geräusch des Heimrades stört mich beim Einschlafen nicht mehr . . . und das Wichtigste: mein Mann ist zufrieden und glücklich!
Julia Prinke